Was kann man als verantwortungsbewusster Verbraucher eigentlich ohne Bedenken kaufen oder konsumieren, wenn Qualität, Umweltschutz und Nachhaltigkeit in Einklang gebracht werden sollen? Diese Leitfragen stehen beim Blauen Engel im Vordergrund.
Die Auszeichnung prüft grundsätzlich, welche Belastungen von Wasser, Boden, Luft oder der menschlichen Gesundheit in Verbindung mit dem jeweiligen Produkt auftreten. Dadurch wird es dem Verbraucher möglich, seine spezielle Kaufentscheidung an Umweltgesichtspunkten und den Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit auszurichten.
Welche Ziele und Ansprüche verfolgt der Blaue Engel darüber hinausgehend, wer steckt genau dahinter und welche Kontrollmöglichkeiten sind vorhanden? Diesen Fragen widmet sich der folgende Artikel der Rubrik ergonomische Prüfzeichen und Prüfsiegel.
Die Bedeutung des Blauen Engels
Welches Anliegen verfolgt der Blaue Engel und in welchem Kontext wurde die Idee ins Leben gerufen? Zunächst garantiert die Vergabe, dass die Produkte und Dienstleistungen hohe Ansprüche an Umweltschutz, Gesundheitsvorsorge und Gebrauchseigenschaften erfüllen. Stichwort: produktorientierter Umweltschutz.
Eine zunächst recht allgemeine Aussage, die sich im Prüfverfahren allerdings konkretisiert.
Zudem existieren für verschiedene Produktgattungen individuelle Ansprüche, welche die mit dem Blauen Engel gekennzeichneten Produkte und Dienstleistungen erfüllen müssen. Kontinuierlich werden die Inhalte dabei überarbeitet bzw. aktualisiert. Die Auszeichnung soll sich an der technischen Entwicklung orientieren, damit sie nicht veraltet.
Alle 3–4 Jahre überprüft das Umweltbundesamt sämtliche Kriterien und passt sie bei Bedarf an. Der Blaue Engel stellt somit ein modernes Siegel mit hoher gesellschaftlicher Bedeutung dar. Es fordert Unternehmen auf, ihre Produkte immer umweltfreundlicher zu gestalten.
Zusammengefasst wohnt der Auszeichnung eine politische Bedeutung bei: Sie beeinflusst das Kaufverhalten und ist fest im Bewusstsein der Mehrheit der Bevölkerung verankert.
Vergabe durch RAL gGmbH
Der Blaue Engel ist ein Zeichen des Bundesumweltministeriums. Für die Vergabe ist die RAL gGmbH verantwortlich. An diese Institution werden die Einzelanträge der Antragsteller aus der anbietenden Wirtschaft adressiert. RAL überprüft daraufhin, ob die Ansprüche und Anforderungen des Blauen Engels umgesetzt und vollständig eingehalten werden. Die gGMBH verdeutlicht ihre primäre Zielsetzung wie folgt:
Durch ökologisch optimierte Produkte und Dienstleistungen soll unsere Umwelt nachhaltig entlastet werden. Damit auch der Verbraucher umweltbewusst handeln kann, ist er auf zuverlässige Informationen und klare Kennzeichnungen der Produkte und Dienstleistungen angewiesen. Umweltzeichen bieten eine praktische Orientierungshilfe, die Auswahl und Kaufentscheidung beträchtlich erleichtern.
Die Überprüfung stellt einen umfangreichen und durchaus aufwendigen Prozess dar: So muss etwa das jeweilige Bundesland des Antragstellers eine Stellungnahme zur Einhaltung umweltrechtlicher Voraussetzungen verfassen. Darüber hinausgehend organisiert die RAL gGmbH Expertenanhörungen. Diese haben das Ziel, das Umweltzeichen zeitgemäß zu erweitern. Revision und Aktualität sind, wie oben erwähnt, fest im Konzept des Blauen Engels verankert.
Erst wenn wirklich alle Vergabevoraussetzungen erfüllt sind, erfolgt zwischen Antragsteller und RAL ein sogenannter Zeichenbenutzungsvertrag. Das Produkt darf ab diesem Moment den Blauen Engel tragen.
Ein Anreiz mit Marktrelevanz: Die Betriebe stellen einerseits ihre Umweltkompetenz unter Beweis, belegen dabei ihr ökologisches Engagement und erhöhen mit dem Tragen des Blauen Engels gleichzeitig ihre Marktchancen.
Video: 40 Jahre Blauer Engel
Bereits über 40 Jahren existiert das staatliche Umweltzeichen Blauer Engel. Ein nunmehr etablierter Pionier: 9 von 10 Verbraucherinnen und Verbraucher kennen ihn. Das folgende Video arbeitet die Geschichte des Zeichens auf.
Umweltzeichen mit fast 40-jähriger Geschichte
Seit über vier Jahrzehnten stärkt der Blaue Engel den verantwortungsbewussten Verbraucher: Das Umweltzeichen wurde im Jahre 1978 auf Initiative des Bundesministers des Inneren und durch den Beschluss der Umweltminister der Länder initiiert. Vom Start weg wohnte der Idee somit der erwähnte politischer Aspekt inne.
Besonderen Wert legt man auf das Verbrauchervertrauen. Auf der Homepage des Blauen Engels heißt es:
Der wissenschaftliche, ganzheitliche Ansatz sowie seine Unabhängigkeit durch die breite Beteiligung der Fach- und Verkehrskreise und der Jury Umweltzeichen legen den Grundstein für das Vertrauen, welches ihm die Verbraucherinnen und Verbraucher entgegenbringen.
Im Jahre 2018 feierte die Auszeichnung ihr 40-jähriges Bestehen und somit ihr Jubiläum. Blickt man zurück, so zeigt sich eine echte Erfolgsgeschichte:
- Mehr als 90 % der Bevölkerung kennen den Blauen Engel, die Verbreitung des Siegels ist immens – es ist eine eigenständige Marke.
- Laut der Umweltbewusstseinsstudie (2014) hat das Umweltzeichen 2014 bei fast 40 % der Befragten Einfluss auf ihre Kaufentscheidung. Die reale und praktische Relevanz ist hoch einzuschätzen.
- Oftmals gingen Ansprüche und Forderungen des Blauen Engels gesetzlichen Regelungen voraus. Thematisierung und Etablierung neuer und besserer Standards folgen nicht selten seinen scharfen Kriterien. Für Unternehmen auf den ersten Blick ein fordernder Aspekt. Auf der anderen Seite konnten einige Betriebe mit dem zügigen Erfüllen noch freiwilliger Standards eine Vorreiterrolle einnehmen und diese im Rahmen des Marketings sinnvoll für sich nutzen.
Umweltbotschafterinnen und Umweltbotschafter
Gut für mich. Gut für die Umwelt.
Mit diesem Slogan präsentiert das Label dreizehn prominente Umweltbotschafterinnen und Umweltbotschafter. Sie geben dem bedeutsamen Umweltzeichen ein Gesicht und Tragen weiter zur Etablierung bei. Beteiligt sind:
- Alina Süggeler, Sängerin der Band Frida Gold
- Moderatorin Shary Reeves
- Fußball-Profi Hansi Flick
- Sänger und Fernsehmoderator Florian Silbereisen
- Moderatoren Ralph Caspers und Dirk Steffens
- Reporter Willi Weitzel
- Olympiasiegerin Katarina Witt
- Schauspieler Oliver Mommsen und Schauspielerin Hannelore Elsner
- Musikproduzentin Annette Humpe
- Schauspieler Thomas Arnold
- Moderatorin Jacqueline Roussety
Mittels persönlicher Statements verdeutlichen die Prominenten, warum der Blaue Engel gut für sie, die Gesellschaft und die Umwelt im Allgemeinen ist. Optisch hilft der Berliner Fotograf Jim Rakete dabei, das Ganze professionell in Szene zu setzen.
Was überprüft der Blaue Engel bei Bildschirmen?
In Hinblick auf Bildschirme entwirft der Blaue Engel ein anspruchsvolles Anforderungsspektrum. Vorrang haben Klimaschutz, die Reduktion des Energieverbrauchs und die Vermeidung von Schadstoffen und Abfall.
- Energieverbrauch
- Energiesparfunktion
- Umweltverträglichkeit der Materialien
- Vermeidung von Gefahrenstoffen
- Recyclingfähigkeit
- Lärmemission
- Reparaturfähigkeit
- Verbraucherinformation
Erfüllen die Bildschirme diese Merkmale, dann verbrauchen die Geräte laut RAL im Schnitt 60% weniger Energie als konkurrierende Monitore ohne das Abzeichen.
Anforderungen an Notebooks & Arbeitsplatzcomputer – der Überblick
Konkrete und nachprüfbare Eigenschaften fordert der Blaue Engel von Notebooks und Arbeitsplatzrechnern: Für Arbeitsplatzcomputer liefert RAL-UZ 78a 2011 die entsprechenden Bestimmungen, RAL-UR 178d 2011 widmet sich den Notebooks. Die Hersteller sind angehalten, folgende Funktionen und Eigenschaften zu garantieren:
- Allgemein ein geringer Energieverbrauch.
- Bereitstellung einer Energiesparfunktion, die nach 15 Minuten Inaktivität den Bildschirm abschalte. Zudem sollte sie nach 30 Minuten Inaktivität den Ruhemodus aktivieren
- Umsetzung der Forderungen des Zeichens Energy Star.
- Aufrüstbarkeit der Rechner, Beispiel: problemloser Einbau von neuen Prozessoren oder von mehr Arbeitsspeicher.
- Recyclebarbeit der Computer.
- Leicht zu reparieren.
- Das Produkt muss ohne großen Aufwand manuelle zerlegbar sein, um die Elemente für die Wiederverwertung richtig zuordnen zu können.
- Kein PVC im Gehäuse, Abwesenheit und Nichtverwendung einer ganzen Reihe von Gefahrenstoffen, die umweltschädlich, krebserregend und toxisch wirken können.
- Verzicht auf Schwermetalle oder halogenhaltige Flammschutzmittel.
- 90 % der Kunststoffe oder Metalle des Gehäuses müssen wiederverwertbar sein.
- Biozid wirkendes Silber darf nicht auf berührbaren Oberflächen vorhanden sein.
- Kein Quecksilber in Displays.
- Nach Produktionseinstellung muss die Versorgung mit Ersatzteilen mindestens 5 Jahre sichergestellt sein.
- Garantie der kostenlose Rücknahme der Geräte – dieser Aspekt gilt durch das Elektro- und Elektronikgerätegesetz in Deutschland bereits.
- Lärmschutz: In der Gattung Notebooks darf der A-bewertete Schallleistungspegel maximal bei 40 dB liegen, bei Rechner mit Lüftern bei 42 dB.
- Umwelt- und gesundheitsrelevante Informationen müssen in den Verbraucherinformationen enthalten sein.
Geforderte Eigenschaften von Druckern und Kopierern
Das Siegel existiert zudem für Drucker, Tastaturen und für Handys, die idealerweise einen niedrigen SAR-Wert (= Angaben über die Absorption der elektromagnetischen Strahlung im Gewebe) vorweisen können.
Basierend auf der Grundlage RAL UZ-122 müssen Drucker, Kopierer oder Multifunktionsgeräte mit Toner und Tinten arbeiten, welche keine gefährlichen Stoffe enthalten.
Energiesparfunktion und auffüllbare Behälter
Wiederauffüllbare Behälter und eine integrierte Energiesparfunktion stellen in Hinblick auf die Zeichenvergabe ebenfalls ein Grundvoraussetzung dar.
Gleichzeitig wird dem Thema Recycling eine hohe Bedeutung verliehen: Die Kopiergeräte und Drucker müssen hundertprozentiges Altpapier verarbeiten können.
Lärmschutz
Einschränkungen hinsichtlich des Lärms und des Geräuschpegels machen sich vor allem im Büroalltag positiv bemerkbar:
- Der maximale Schallleistungspegel bei einem Laser-Bürogerät mit einer Druckgeschwindigkeit von 15 Seiten/Minute im schwarz-weiß-Druck liegt bei 64 dB(A). 75 dB(A) markiert die Obergrenze für Drucker.
- Darüber hinausgehend unterliegen die Hersteller bei Druckern mit mehr als 63 dB(A) Schallleistungspegel einer Hinweispflicht: Sie sind angehalten, darüber zu informieren, dass derartige Geräte nicht in jenen Büroräumen, in welchen geistige Tätigkeiten überwiegen, installiert werden sollten. Die Verordnung sichert somit den Schutz der Mitarbeiter durch Lärmreduktion.
Reduzierte Emissionen und Gesundheitsschutz
Ein weiterer Prüfschwerpunkt liegt bei den Emissionen: Nur Druckern und Kopierer, welche die Grenzwerte für die maximale Freisetzung von Feinstaub, Ozon und flüchtigen organischen Stoffen respektieren bzw. durch ihre Konstruktionsart einhalten, dürfen den Blauen Engel tragen.
Zudem sind nur sehr geringe Mengen von Schwermetallen zugelassen. Auszuschließen sind halogenorganische Verbindungen und krebserzeugende Stoffe in den Kunststoffteilen.
Drucker mit dem Blauen Engel* müssen zudem recycelbar sein.
Abschließend wird gefordert, dass nach der Produktionseinstellung fünf Jahre lang Ersatzteile verfügbar sind. Es mutet kurios an: Viele Hersteller von Druckern nutzen mittlerweile den Blauen Engel – im Computersegment ist das Siegel hingegen immer noch wenig verbreitet. Eine Tatsache, die angesichts der Bedeutsamkeit des „Umweltengels“ doch überrascht.
Normanstoßender Charakter – Beispiel ISO 14024
Wie oben beschrieben, folgen viele Gesetze und Regelungen den ständig aktualisierten Inhalten des Blauen Engels. Das wichtige Umweltzeichen war zum Beispiel Auslöser und Initiator für die Norm ISO 14024.
Selbige stellt derzeit einen bedeutsamen internationalen Standard dar, an welchem sich viele neue Umweltzeichen weltweit orientieren. Zu der innenpolitischen Bedeutung gesellt sich daher eine außenpolitische Relevanz.
ISO 14024 gilt als vergleichsweise strenge und anspruchsvolle Regelung für alle Umweltzeichenprogramme, welche sich an ihr orientieren. Sie erfüllen in mehreren Bereichen hohe Maßstäbe hinsichtlich des Anspruchsniveaus. Zu nennen sind:
- Unabhängigkeit
- Kontrolle
- Transparenz des Entwicklungs- und Vergabeprozesses
Produktbezogener Umweltschutz
Fazit: Wer als Verbraucher seine Kaufentscheidungen an Umweltgesichtspunkten ausrichten möchte, findet mit dem Blauen Engel eine echte Hilfe. Das Gütezeichen weist einen strengen Charakter auf und besitzt eine respektable politische Bedeutung. Es gibt Aufschluss darüber, ob das jeweilige Produkt in Hinblick auf Ressourcen wie Wasser, Boden, Energie, Luft und menschliche Gesundheit als verantwortungsvoll zu bezeichnen ist. In Zeiten, in denen Konzepte der Nachhaltigkeit, der Schonung von (menschlichen) Ressourcen und des Umweltschutzschutzes an Bedeutung gewinnen, nimmt gleichzeitig die Relevanz des Blauen Engels stetig zu.
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